MAMACITA

Im Takt der Ornamentik prosperiert der Wohlstandsaufschwung, der alle gesellschaftlichen Milieus durchdringt - und es schmückt sich der Mensch. Die Ausdrucksweisen dieser Unterschiedlichkeit heben die Ringe hervor. Die Silberringe der vorliegenden Arbeit sind großzügig mit “künstlichen” Fingernägeln bestückt. Sie sind in ihrer Veränderbarkeit ein, die Individualisierung flexibel treibendes Vehikel des 21. Jahrhunderts. Aufpolierte Kunstwerke, die, den jeweiligen Gemütslagen folgend, Emotionen auf die Spitze treiben. Ganz im Sinne der Zeit: das Ausführen unserer Affekte und Erregungen. Ins Unendliche lässt sich die emotionale Spannbreite des Menschen auffalten, eine Palette, so facettenreich wie die Optionen zur Umgestaltung des Nail-Designs. Das Aussehen der Oberfläche kann gestalterisch nach Belieben umgewandelt werden und ermöglicht so eine stetige Neuerfindung.

Die künstlerische Position zeigt ein Objekt der Veränderungen, das eine Selbstbestimmtheit im Diskurs zwischen künstlerischer Ausführung, ästhetischer Diversität und subjektiver Prägung vermittelt. Das Objekt als Resultat des Sich-Schmückens, als Begierde des Sich-Zeigens und Sehens kommuniziert zwischen den verschiedensten Menschengruppen. 

Die Haptik der Geloberfläche fasziniert durch ihre aufwändig gestaltete Oberfläche und die Thematik der Beeinträchtigung im Alltag sowie das mögliche resultierende Gefühl der Aufwertung und Erhabenheit bezeugen einen vielschichtigen sozialen und künstlerischen Diskurs. 

Wutring by Regina Rupp Julian Arayapong

WUTRINGE

Die Domestizierung des inneren Tieres, der Wut, der Rage, ist ein Anliegen, das Menschen seit jeher eint. Beim Behämmern und Bearbeiten des Ringes wird die Aggression kanalisiert. Diese entladene Energie des Körpers und des Geistes überträgt sich auf das Material, ursprünglich Ausschussware und nun Gezeichnete der Resultate des Energietransfers. Der Ringrohling dient der kontrollierten emotionalen Entladung der Aggression. Der Energietransfer besänftigt Regina Rupp und Julian Arayapong die für diese Arbeit kooperierten. Beschimpfungen verlieren ihre schneidende Schärfe in der Abstraktion. Die Entfremdung des traditionell noblen Materials und Form zur Wut- und Stressbewältigung reiht sich ein in einen längerwierigen Prozess der Neuentdeckung und des Spieles der Künstler*innen mit Standesdünkel und Symbolobjekten.
Text: Lou von der Heide